Update, 12.12.2018, 16.30 Uhr: Heute endlich, also nach vier Tagen, hat es der Sender geschafft, eine Mail an mich zu schicken und darin sein Bedauern über den (Zitat) „Vorfall“ auszudrücken. Parallel dazu haben bislang weder der Sender noch der beteiligte Bäcker ihre jeweiligen Zuschauer/Leser/Follower über den „Vorfall“ informiert und die Quellenangabe nachgeliefert. Das erwarte ich von denjenigen, die sich wissentlich oder unwissentlich falsch verhalten haben und es ist gängige Praxis in den Medien, falsche und unzureichende Informationen zu korrigieren. Das Ganze wird bislang einfach totgeschwiegen, so als wäre es gar nicht passiert und genau das ist der Grund, weshalb ich genau das Gegenteil tun werde: darüber schreiben und sprechen.
Passiert ist etwas, egal ob aus Versehen oder nicht: Die Frage nach der Urheberschaft eines Rezeptes wurde in diesem Fall nicht und wird generell viel zu selten gestellt. Und auch wenn die gängige Rechtsauffassung darin besteht, dass Zutatenlisten keine ausreichende Schöpfungshöhe besitzen, um diese urheberrechtlich zu schützen, sind mir dabei zwei Aspekte wichtig, die mir immer zu kurz kommen: 1. Die Gerechtigkeit und Achtung dem Rezeptautor gegenüber. 2. Die Tatsache, dass auch eine Zutatenliste eine nicht zu unterschätzende Schöpfungshöhe darstellen kann und deshalb nicht pauschal Zutatenlisten aller Art kopiert und (kommerziell) verwendet werden dürfen.
Zu 1.: Der Rezeptautor steckt eine Unmenge an Zeit und Kraft in ein Brotrezept. Bei mir sind das je nach Rezept zwischen 24 und 48 Stunden Arbeitszeit von der ersten Idee bis zur veröffentlichungsreifen Variante. Ich stelle den größten Teil meiner Rezepte für die private Nutzung kostenfrei zur Verfügung. Das ist für mich selbstverständlich. Die Frage wäre eher, weshalb ich dafür Geld verlangen sollte, wenn ich mit freien Rezepten den Sinn für gutes Brot unterstützen kann. Ich habe ja schließlich auch mal mit Hilfe freier Rezepte meine ersten Schritte am Teig getan. „Frei“ bedeutet dabei für mich aber nicht, dass man sich einfach so bedienen und die Rezepte selbst wieder publizieren kann. Dafür braucht es mindestens den Verweis auf den Ursprung des Rezeptes, wenn nicht sogar die vorherige Nachfrage beim Rezeptautor. Für mich ist das selbstverständlich und wer schon seit einigen Jahren Blogleser bei mir ist, wird wissen, dass ich Rezepte, die mich inspiriert haben oder die ich ob der Qualität 1:1 nachbacke, immer mit der Quelle versehe. Diese Selbstverständlichkeit scheint meiner Beobachtung nach aber sehr antiquiert in Zeiten, in denen alles hin und her geteilt wird. Ich entdecke immer wieder meine Rezepte auf anderen Websites – natürlich in der Mehrheit der Fälle ohne Quellenangabe. Deshalb mein Apell an alle, die aus diesem „Vorfall“ lernen wollen: Gebt immer und überall eine Quelle an, wenn es nicht euer eigenes Werk ist. Ein gutes Rezept ist wie ein Gedicht. Man kann damit arbeiten und Freude haben, aber es als seines ausgeben, darf man nicht. Und das tut man indirekt, wenn keine Quelle angegeben wird. So wie mit meinem Weihnachtsbrot geschehen.
Zu 2. Besteht die Zutatenliste nur aus Worten ohne Mengenangaben, dann mag ich die fehlende Schöpfungshöhe im Sinne des Urheberrechtes noch einsehen. Sobald aber Mengenangaben vorhanden sind, ist die Schöpfungshöhe aus meiner Sicht weit mehr als ausreichend, damit das Urheberrecht greift. Gerade das Verhältnis der Zutaten zueinander macht einen Großteil der Brotqualität aus, neben den Herstellungsschritten natürlich. Es braucht eine Menge Wissen, Erfahrung und Zeit, diese Zutatenliste auf die Welt zu bringen, vergleichbar mit einer kleinen Komposition. Insofern bin ich der Überzeugung, dass jedes einigermaßen durchdachte Rezept – und sei es nur die Zutatenliste davon – dem Urheberrecht unterliegt. Aber das wird wohl nur ein Gericht an einem Präzendenzfall entscheiden können, vermutlich auch speziell auf Brot bezogen.
Ich komme der nachdrücklichen Bitte des den „Vorfall“ verursachenden Bäckers nach und entferne seinen Namen aus den zuvor veröffentlichten Texten (Änderungen kursiv), damit er wieder seinem Tag- und Nachtwerk nachgehen kann, ohne (teils agressive) Kommentare, Mails und Telefonate administrieren und beantworten zu müssen. So gelingt es ihm und dem Sender hoffentlich doch noch, ihren Kunden die korrekte Quellenangabe auf allen Plattformen nachzureichen, auf denen das Rezept und/oder das Video ursprünglich veröffentlicht wurde.
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Update, 11.12.2018, 15.00 Uhr: Der Bäcker und ich haben miteinander gesprochen. Er war im guten Glauben davon ausgegangen, dass das Rezept von einem Kollegen stammte. Hätte er gewusst, dass es von mir stammt, hätte er es entsprechend gekennzeichnet bzw. vorher nachgefragt. Das ändert zunächst einmal nichts an der Sachlage, ist aber für mich nachvollziehbar. Er hat seinen Fehler bedauert, der Sender das Video aus dem Netz genommen.
Der Bäcker berichtete mir im Zusammenhang mit der Diskussion über das Zueigenmachen von Rezepten außerdem von persönlichen verbalen und schriftlichen Attacken auf ihn und seine Familie, von denen ich mich ausdrücklich distanziere und die ich ganz vehement ablehne. Es geht hier um die Sache, nicht um die Person. Deshalb bitte ich alle meine Leser um genau diese Sachlichkeit. Anstatt über die Person zu sprechen, sollten wir diskutieren, ob Rezepte oder auch nur Zutatenlisten geistiges Eigentum sein sollten, dessen Verwendung zumindest mit einer Quelle angegeben werden sollte.
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10.12.2018
Durch einen aufmerksamen Blogleser wurde ein ganz dreister Rezeptklau öffentlich. Der Sender Mainfranken TV und ein Bäcker haben mein Rezept für das Weihnachtsbrot 2012 ohne vorherige Rücksprache und ohne Nennung der Quelle für ihre Internetseite und ihr Video verwendet und damit indirekt als ihres ausgegeben.
Es zeugt weder von gutem Journalismus noch von Respekt vor der Arbeit anderer, wenn damit durch Schaltung von Werbung auch noch Geld verdient wird. Konkret geht es um dieses Rezeptvideo (inzwischen entfernt).
Das Originalrezept stammt nachweislich aus meiner Feder. Die Rezeptur wurde aufs Gramm genau kopiert. Meine Aufforderung, mit mir Kontakt aufzunehmen oder das Video und die zugehörige Internetseite bis 10.12.2018 12 Uhr aus dem Internet zu entfernen, wurde ignoriert. Deshalb mache ich diesen Fall nun öffentlich und hoffe, dass dieses seltsame Gebaren nicht noch anderswo Schule macht.
Ich freue mich, wenn meine Rezepte Anklang finden, sehe es aber als Teil eines fairen Umgangs miteinander, vorher zu fragen oder wenigstens die Quelle zu nennen.
Es ist für mich unklar, weshalb es ein Bäcker nötig hat, fremde Rezepte (gleich ob gewollt oder ungewollt) als seine eigenen auszugeben und ein TV-Sender dies ungeprüft übernimmt und keine Quellenangabe einfordert. Ein Unding und in jeder Hinsicht ungerechtfertigt.
Nachtrag: Inzwischen sind die entsprechenden Erklärungen sowohl mündlich als auch schriftlich bei mir eingegangen und wurden hier ergänzt. Der Artikel bleibt der Nachvollziehbarkeit wegen aber online.
Zum Beitrag | 42 KommentareCopyright © 2014 Lutz Geißler
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Der Beitrag Rezeptklau erschien zuerst auf Plötzblog - Selbst gutes Brot backen.